Freitagspredigt

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Toleranz und Vergebung
(30.03.2018)

 

Meine verehrten Geschwister!

Als der Prophet (s) eines Tages in der Moschee saß, kam ein Beduine in die Moschee. Nachdem er zwei freiwillige Gebetseinheiten verrichtete, sagte der Beduine: “O Allah! Sei anderen gegenüber nicht barmherzig, sondern nur gegenüber mir und Muhammed!” Unser Prophet hörte dieses seltsame Bittgebet des Beduinen und konnte sich mit seiner weiten Offenherzigkeit nicht enthalten, zu lächeln und sagte ihm: “Du hast die unendliche und weite Barmherzigkeit (Allahs) eingeengt!”1 Nach einer Weile fing der Beduine an, sich in einer Ecke der Moschee unangemessen zu verhalten. Als die Gefährten des Propheten dieses Verhalten beobachteten, liefen sie wütend in Richtung des Beduinen, um ihn aufzuhalten. Doch der Gesandte Allahs befahl seinen Gefährten, den Beduinen in Ruhe zu lassen. Dann sagte der Prophet: “Ihr seit nicht als Erschwerende, sondern als Erleichternde gesandt worden.” Weder schimpfte der Prophet auf den Beduinen, noch verlor ein böses Wort gegenüber ihm. Vielmehr erklärte er ihm einfühlsam, dass er sich in der Moschee nicht so verhalten sollte. Er hat versucht, dem Beduinen seinen Fehler bewußt zu machen und er hat ihm vergeben. Schließlich hat sich dieses Verhalten positiv ausgewirkt und der Beduine hat seinen Fehler eingesehen.

An einem anderen Tag kam zur Zeit des Nachmittagsgebetes eine christliche Delegation aus Nadschran nach Medina. Sie traten in die Moschee des Propheten ein, während der Prophet mit seinen Gefährten noch das Nachmittagsgebet verrichtete. Die Christen wandten sich in Richtung Osten und begannen mit ihrem Gottesdienst. Manche Gefährten versuchten, sie an ihrem Gottesdienst zu hindern, aber der Prophet befahl den Gefährten, die Christen in Ruhe zu lassen und ihnen zu erlauben, ihren Gottesdienst durchzuführen.2

Werte Gläubige!

“Toleranz”, auch“Nachsichtigkeit” genannt, ist eine Tugend, die von Liebe inspiriert wird und durch den eigenen Willen und durch die eigene Wahl einer Person zustande kommt. Hierzu sagt Allah, der Erhabene, im edlen Koran: “Viele von den Leuten der Schrift möchten euch, nachdem ihr den Glauben (angenommen) habt, wieder zu Ungläubigen machen, aus Mißgunst von sich selbst aus, nachdem ihnen die Wahrheit klargeworden ist. Doch verzeiht und seid nachsichtig, bis Allah mit Seiner Anordnung kommt! Allah hat zu allem die Macht.”3

Unsere Mutter Aischa erzählte auch wie der Charakter des Gesandten Allahs in dieser Hinsicht war: “Er verlor keine rauen und abscheulichen Worte und verhielt sich auch nicht unangebracht. An öffentlichen Orten verwickelte er sich nicht in Diskussionen. Böses erwiderte er nicht mit Bösem, sondern handelte vergebend und tolerant.”4

Verehrte Muslime!

Eine der wichtigsten ethischen Tugenden des Islams ist es, Toleranz und Nachsichtigkeit walten zu lassen. In der Familie, in der Nachbarschaft, in der Schule, am Arbeitsplatz, kurzum überall wo zwischenmenschliche Kommunikation stattfindet, brauchen wir Toleranz und Nachsichtigkeit. Tolerant und nachsichtig zu sein, ist ein unverzichtbares Element des familiären und gesellschaftlichen Lebens. Die Gesellschaft ist nur soweit von Frieden und Wohl umhüllt, wie die einzelnen Individuen in der Gesellschaft sich an diese Prinzipien halten und sich gegenseitig lieben, respektieren, tolerieren, vergeben und einander nachsichtig sind.

Vergebend und tolerant zu sein, reinigt auf der einen Seite unsere Herzen von Wut-, Feindschafts- und Rachegefühlen. Auf der anderen Seite wird durch die Erleichterung unseres Herzens von diesen schweren und unerträglichen Lasten eine warme, gesunde und ausgewogene Kommunikationsatmosphäre ermöglicht.

Ich beende meine Freitagspredigt mit den folgenden schönen Hadisen unseres Propheten (s):

 “Allah steigert lediglich die Ehre des vergebenden Dieners.”5

“Wenn Allah das Fortleben oder die Fortentwicklung einer Gemeinschaft wünscht, beschenkt Er sie mit Toleranz und Keuschheit.”6

 

Ahmet Beyaz
Religionsbeauftragter, Bad Homburg DITIB Ulu Moschee

 

1 at-Tirmidhi,Tahara, 112 
2 M. Hamidullah¸ Islam Peygamberi¸ Übers.: Salih Tuğ¸ Ankara 2003¸ I¸ 920
3 Koran, al-Baqara, 2/ 109                          
4 Tirmizi,Birr,69   
5 Müslim,Birr,69            
6 at-Tabarani, Musnedu’sch-Schamiyyin, 1/34

2018-03-30    


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