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2025-12-02 | Nachricht

Gegen die unsichtbare Bedrohung: DITIB-Bundesfrauenverband thematisiert Auswirkungen der Digitalisierung auf die psychische und körperliche Gesundheit

Köln. Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen hat der DITIB-Bundesfrauenverband in Köln eine hervorragende Veranstaltung durchgeführt. Im Fokus stand die zunehmende „digitale Gewalt“ und deren Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit von Frauen und Familien. Als Hauptredner konnte der renommierte Psychiater und Universitätsrektor Prof. Dr. Nevzat Tarhan von der Üsküdar-Universität in Istanbul gewonnen werden.

Nesibe Yılmaz, Vorsitzende des DITIB-Bundesfrauenverbandes, machte in ihrer Eröffnungsrede die Dringlichkeit des Themas klar: „Die Digitalisierung schwächt an vielen Stellen die Kommunikation innerhalb der Familie und macht Frauen und Kinder verletzlicher.“ Sie betonte die wichtige Sensibilisierungsarbeit ihres Verbandes und rief dazu auf, die „unsichtbare Bedrohung“ der digitalen Welt ernst zu nehmen. DITIB-Generalsekretär Eyüp Kalyon unterstützte dies und verwies auf die wachsende Zahl von Familien, die „unter einem Dach leben, jedoch kaum voneinander etwas mitkommen“.

Digitale Abhängigkeit als gesellschaftliche Krankheit

Im anschließenden Gespräch mit DITIB-Vorstandsmitglied Merve Mert analysierte Prof. Dr. Nevzat Tarhan die Digitalisierung als epochale Revolution – gleichermaßen Chance und Bedrohung. Ein Schwerpunkt lag auf der digitalen Abhängigkeit, die Tarhan klar als gesellschaftliches Problem einordnete: „Es tritt ein Kontrollverlust auf. Das Zeitmanagement richtet sich vollständig nach der digitalen Welt.“ Er verglich die Suchtmechanismen mit denen von Substanzabhängigkeiten und nannte als alarmierendes Warnzeichen den Griff zum Mobiltelefon direkt nach dem Aufwachen.

Der Psychiater kritisierte zudem, dass digitale Inhalte und Serien Gewalt verharmlosten und so häusliche Gewalt fördern könnten. Die Risiken des unkritischen Konsums seien enorm.

Appell für Qualitätszeit und neues Verständnis

Als eine wichtige Maßnahme dagegen benannte Tarhan die „Qualitätszeit“ innerhalb der Familie. „Auch wenn es nur 10 Minuten sind, sollen es qualitative und fokussierte Minuten sein. Das stärkt das Zugehörigkeitsgefühl des Kindes und fördert den Frieden in der Familie“, so sein Rat insbesondere an die Eltern.

Auf den tiefgreifenden Generationenkonflikt angesprochen, verwies Tarhan auf einen historischen Ausspruch des vierten Kalifen Ali ibn Abi Talib: „Erzieht eure Kinder nicht nach eurer Zeit, sondern nach ihrer Zeit.“ Der Generationsunterschied sei heute so schnelllebig wie nie. Um diese Gräben zu überbrücken, seien nicht nur guter Wille, sondern auch die richtige Methodik und ein aufrichtiges Bemühen um Verständnis nötig.

Die gut besuchte Veranstaltung, zu der zahlreiche Vertreter aus Verbänden und der Zivilgesellschaft gekommen waren, endete mit angeregten Diskussionen im Rahmen eines Empfangs. Sie unterstrich die wachsende Bedeutung des Themas digitale Gewalt und den Bedarf an Aufklärung innerhalb der Familien und der gesamten Gesellschaft.

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