Freitagspredigt

Rechtmäßiger Verdienst

بِسْمِ اللهِ الْرَّحْمَنِ الْرَّحِيمِ

كُلُواْ مِمَّا رَزَقَكُمُ اللّهُ حَلاَلاً طَيِّبًا وَاتَّقُواْ اللّهَ الَّذِيَ أَنتُم بِهِ مُؤْمِنُونَ

Bismillāhirrahmānirrahīm
[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
„Esst von dem Erlaubten und Reinen, das Allah euch zum Auskommen gegeben hat. Und habt Ehrfurcht vor Allah, an den ihr glaubt.“

[Sure Māida, Vers 88]


Verehrte Muslime,

der Mensch hat kraft Geburt den Hang zum Besitzerwerb. [1] Er darf nur nicht Überhand nehmen, dieser Hang. Oder gar ausarten in Maßlosigkeit und Egoismus. Allah, der Erhabene, warnt uns eindringlich davor. Denn dies würde Mensch wie Gesellschaft nur in eine Katastrophe stürzen. [2]

So gemahnte uns bereits unser Prophet (saw): „Es wird die Zeit kommen, da der Mensch nicht darauf achten wird, ob sein Erwerb rechtens bestritten (ḥalāl) ist oder auf unbilligem, verbotenem (ḥarām) Weg.
[3] Und ist genau dies in unseren Tagen nicht zu beobachten? Greifen Egoismus und Hang zum persönlichen Profit nicht immer mehr um sich? Und sind die Menschen nicht immer mehr auf Reichtum aus, ganz gleich auf welchem Weg? Betrug und Bestechung haben in diesem Wettlauf um materielle Macht nicht etwa den Nimbus des Schändlichen, sondern werden regelrecht als Können oder Knowhow gerühmt.

Dabei hat der Mensch seinen Lebenserwerb und den seiner Familie auf rechtmäßigem und ehrlichem Weg zu bestreiten: „Esst von dem Erlaubten und Reinen, das Allah euch zum Auskommen gegeben hat. Und habt Ehrfurcht vor Allah, an den ihr glaubt.“ [4] Denn das Auskommen gewährt uns und allen anderen Geschöpfen einzig Allah. Der Mensch hat aber hierfür zu arbeiten und Ziel dieses Arbeitens muss ein rechtmäßiger (ḥalāl) Erwerb sein. [5]

Und so heißt es in einem weiteren Vers: „O ihr, die ihr glaubt! Verzehrt euren Besitz unter euch nicht auf unrechtmäßigem Wege, sondern nur im Rahmen eines Handels nach beiderseitigem Vernehmen.“ [6] Erwerb bzw. Besitzanhäufung durch Diebstahl, das Beschlagnahmen von Gütern, Wucherzins, aber auch Glücksspiel und Wettspiele, das Unterschlagen öffentlicher Mittel, Betrug, durch Schummeln bei Maß und Gewicht, überhöhte Preise, nicht erbrachte Leistung für erhaltenen Lohn bzw. einbehaltenen Lohn und Honorar sind demnach verboten (ḥarām).

Verehrte Gemeinde,

gefragt danach, welcher Verdienst der beste sei, antwortete unser Prophet (saw): „Verdienst durch eigene Arbeit oder ehrlichen Handel.“ [7] Den Stellenwert von rechtmäßigem Verdienst durch eigen‘ Hände Arbeit betonte unser Prophet (saw) u.a. auch in folgendem Hadis: „Kein Mensch hat je ein besseres und wohlbringenderes Auskommen (rizq) gehabt, als den eigenen Verdienst. Auch der Prophet Dawud (a.s.) hatte ein Auskommen aus eigen‘ Hände Arbeit.“ [8]

Die Gefährten unseres Propheten (saw), die aṣḥāb, waren ebenfalls sehr sensibel in dieser Angelegenheit, schließlich hatten sie die Erziehung des Propheten (saw) durchlaufen. So wird überliefert, dass Abu Bakr eines Tages eine Dattel aß. Sobald er aber erfuhr, dass sie aus unrechtmäßigem Verdienst erworben, ḥarām, war, versuchte er diese Dattel wieder aus seinem Magen herauszuwürgen, bis dass seine Augen blutunterlaufen waren. [9] Und die gläubigen Frauen der aṣḥāb verabschiedeten ihre Männer mit folgenden Worten: „Habt für uns Ehrfurcht vor Allah und lasst keinen Bissen durch unseren Schlund gehen, der (auf unrechtmäßigem Wege erworben) ḥarām ist. Hunger werden wir ertragen, das Verbotene und das Feuer aber nicht.“ [10]

Verehrte Gläubige,

ein Auskommen, verdient auf verbotenen Wegen, wird sicher auch das Wohlwollen Allahs zurückhalten und sich auftürmen vor unseren Bittgebeten und Gottesdiensten und hier hindern ihre Annahme. So heißt es in einem Hadis: „Wenn jemand lange Reisen unternimmt auf dem Wege Allahs. Und mit zerzausten Haaren sich im Staub windend die Hände erhebt, um Allah anzurufen mit den Worten: „O Herr, O Herr!“ Dabei ist ḥarām was er ist und ḥarām was er trinkt und ḥarām all das, wovon er sich nährt. Kann das Gebet eines solchen Menschen angenommen werden?“ [11]

Verehrte Gläubige,

so lasst uns unser erlaubtes, rechtmäßiges (ḥalāl) Auskommen (rizq), das Allah uns schenkt, nicht mit eigen‘ Händen verderben. Unsere und die Gesundheit unserer Familie sowie die familiäre Idylle und Geborgenheit, die hier herrscht, nicht aufs Spiel setzen durch verbotenen, unrechtmäßigen Verdienst.

In diesem Sinne möchte ich die heutige Ansprache beenden mit folgendem Hadis unseres Propheten (saw): „Niemand verlässt am Jüngsten Tag Allahs Gericht, bevor er nicht Rechenschaft gibt darüber, wie er zu seinem Besitz gekommen ist und wofür er dies verwendet hat.“ [12]

[1] Āl Imrān 3/14.
[2] Kahf 18/32-36.
[3] Buchārī, Buyūʿ 7; Nesāī Buyūʿ, 23.
[4] Māida 5/88.
[5] Ankebut 29/60; Nadschm 53/39; Tāhā 20/81.
[6] Nisā 4/29.
[7] Ahmad b. Hanbal IV, 141.
[8] Buchārī, Buyūʿ 15.
[9] Buchārī, Menāqibu‘l-Ensār 26.
[10] Haris el-Muhasibi Risaletü‘l Müsterşidin, Halep S: 153.
[11] Muslim, Zekāt, 65.
[12] Tirmizī, Sıfat al-Qiyāmā 1, No: 2416.

Abdullah DEMİRCAN
Religionsbeauftragter der DITIB Zentralmoschee in Wuppertal-Elberfeld

2013-03-22    


Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der DITIB reproduziert, vervielfältigt oder verarbeitet werden.

Archiv 2007-2008  | 2009-2010