Freitagspredigt

Das Opfern lehrt uns das Teilen

بِسْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
اِنَّا اَعْطَيْنَاكَ الْكَوْثَرَ ، فَصَلِّ لِرَبِّكَ وَانْحَرْ ، اِنَّ شَانِئَكَ هُوَ الْاَبْتَرُ

Bismillāhirrahmānirrahīm

[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“Wahrlich Wir gaben dir reichlich. So bete zu deinem Herrn und opfere. Es sind vielmehr deine Widersacher, die abgeschnitten sind von Nachkommenschaft.”

[Sure Kawsar, Verse 1-3]


Verehrte Muslime,

das Opferfest steht bevor und diejenigen unter uns, die hierzu im Stande sind, werden in diesen Tagen wieder ein Opfertier darbringen. Das beutet: in der Absicht, den Gottesdienst des Opferns zu erfüllen und in der Hoffnung auf Allahs Wohlgefallen, zu einer vorgegebenen Zeit ein Tier schächten, das bestimmte Voraussetzungen erfüllt und damit als Opfertier gilt. Der Gottesdienst des Opferns steht auch als Symbol für die Bereitschaft eines Gläubigen, im Dienste Allahs allen voran sein eigen Fleisch und Blut, aber auch sein Vermögen zu opfern. Es ist mitunter auch der Dank, den die Muslime mit dem Opfern Allah entgegen bringen für all die Gaben, mit denen Er sie beschenkt hat. Für den Menschen und sein Sein in Gesellschaft, folglich für die Gesellschaft, hält es aber auch zahlreiche Nutzen bereit. So erfüllen wir damit nicht nur ein Gebot Allahs. Gleichzeitig stellen wir über das Verteilen des Opferfleischs auch soziale Kontakte her, treten in solidarische Kommunikation mit unseren Mitmenschen und rücken damit näher.

Unser Prophet (saw) forderte die Wohlhabenden in seiner Gemeinde dazu auf, an den Tagen des Opferfestes diesen Gottesdienst zu erfüllen: So sit von ihm folgender Hadis hierzu überliefert: “Der Mensch begeht in den Tagen des Opferfestes nichts Lieblicheres für Allah, als ein Opfertier darzubringen. Wahrlich, das Tier, das er darbringt, wird am Tage des Jüngsten Gerichts samt Hörnern und Haar vor ihm stehen. Und es besteht kein Zweifel daran, dass das Opfer von Allah angenommen wird, noch ehe sein Blut auf den Boden fällt. So erfreut eure Herzen durch das Opfern.” [1]

Verehrte Gläubige,

das Opfern darf man bei alledem nicht einseitig betrachten. Im Vordergrund steht nicht das Vergießen von Blut oder das Verteilen des Fleisches. Dies wäre eine verkürzte Darstellung bzw. Wahrnehmung. Ein entsprechendes Opfertier wird vielmehr allein in der Absicht dargebracht, um damit einen Gottesdienst zu erfüllen. Anderenfalls hat das alleinige Schächten eines Tieres bei Allah keinen gottesdienstlichen Wert. So lässt uns der Koran hierzu wissen: „Und Allah erreicht weder ihr Fleisch, noch ihr Blut. Es ist einzig eure Frömmigkeit, die Ihn erreicht.“ [2]

Das Opferfest sollte dabei nicht nur denjenigen ein solches sein, die in diesen Tagen auch ein Opfertier darbringen. Das anschließende Verteilen oder mehr noch Teilen des Opferfleisches sollte uns vielmehr zum Anlass gereichen, das soziale Gleichgewicht in der Gemeinde zu stärken und damit ein Näherrücken unter den Muslimen zu bewirken. In Liebe und gegenseitiger Achtung zusammen zu wachsen. Nicht umsonst ist das Fleisch der Opfertiere im Islam in erster Linie für die Nachbarn und Verwandten sowie die Bedürftigen und Mittellosen angedacht.

Verehrte Brüder und Schwestern,

an diesen Tagen werden wir sicher wieder mit unserer Familie und unseren Freunden am Tisch zusammen kommen und das Festtagsmahl genießen. Doch welchen Wert hat er für uns Gläubige, wenn wir diese Freude nicht auch teilen mit unseren Brüdern und Schwestern im Glauben? Gehört es nicht vielmehr zu unserer Pflicht, diese Freuden und Gaben auch zu teilen mit den Anderen? Sollte eine Familie etwa mehr als nur ein Opfertier darbringen (können), diese Freude auch zu teilen mit den Menschen in der ganzen Welt? Können wir als Gläubige es uns denn leisten, nur an uns zu denken, wo wir doch Gegenstand folgender Ansprache und damit Aufforderung des Koran geworden sind: „Ihr werdet wahre Frömmigkeit erst dann erreichen, wenn ihr von dem, das ihr liebt, ausgebt im Dienste Allahs. Und was immer ihr auch ausgebt, Allah wird es wissen.“ [3]

Hierfür können wir auch dieses Jahr wieder mit der Organisation der DITIB unsere Opfertiere bzw. ihr Fleisch den Bedürftigen in der ganzen Welt zukommen lassen. Für nähere Informationen zur diesjährigen Opfertier-Kampagne stehen Ihnen die Ortsgemeinden und ihre Religionsbeauftragten, aber auch die Hauptverwaltung in Köln, gerne zur Verfügung.

Mit folgendem Hadis unseres Propheten (saw) entlassen wir Sie für diese Woche in die Obhut Allahs und wollen damit sowohl daran erinnern, dass wir als Muslime seinen Schritten zu folgen haben, als auch vor Augen führen wie schön die Freuden des Teilens ausfallen können: „Solange der Diener Allahs seinem Bruder hilft, wird Allah auch ihm helfen.“ [4]

[1] Tirmizī, Adāhī, 1; Ibn Mādscha, Adāhī, 3.
[2] Hadsch, 22/37.
[3] Āl Imrān, 2/92.
[4] Muslim, Zikr 38; Ibn Mādscha, Sunna, 17.


Bayram OYAN                                                                                   Hatice MERAKLI
Religionsbeauftragter Mevlana-Moschee/Ravensburg                  Religionsbeauftragte Mevlana-Moschee/Eppingen
2012-10-19    


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