Freitagspredigt

Toleranz im Islam

بِسْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
اُدْعُ اِلى سَبِيلِ رَبِّكَ بِالحِكْمَةِ وَالْمَوْعِظَةِ الحَسَنَةِ وَجَادِلْهُمْ بِالَّتي هِيَ اَحْسَنُ اِنَّ رَبَّكَ هُوَ اَعْلَمُ بمَنْ ضَلَّ عَنْ سَبِيلِهِ وَهُوَ اَعْلَمُ بِالْمُهْتَدِينَ

Bismillāhirrahmānirrahīm

[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
„Rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen in bester Weise. Denn dein Herr weiß sehr wohl, wer von Seinem Weg abirrt, und Er weiß sehr wohl, wer auf dem rechten Weg ist.“

[Sure Nahl, Vers 125]

Verehrte Gemeinde,

der Islam ist eine Religion mit einer universalen und für alle Zeiten beschriebenen Botschaft. Er nimmt jeden Muslim, der in dieser Universalität der koranischen Botschaft lebt, in die Verantwortung für seine Taten. Und fordert den Menschen zudem auf, der Gesellschaft, in der er lebt, von Nutzen zu sein. Ebenso ist in diesem System jeder Gläubige in der Pflicht, die Rechte der anderen zu achten und zu wahren. Allen voran gehört hierzu das Grundrecht auf Leben und nachfolgend die Meinungs- und Glaubensfreiheit.

Aufruhr, Spannungen, Streitigkeiten, Verleumdung und Vorurteile in der Gesellschaft sind für den Koran in diesem Rahmen schlimmer und schädlicher noch, als ein Krieg. [1] Selbst wenn unterschiedliche Meinungen, Glaubensinhalte oder auch ein unschönes Verhalten an den Tag gelegt werden, gilt es, diesen in schönster Weise zu begegnen. So heißt es hierzu im Koran: „Rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen in bester Weise. Denn dein Herr weiß sehr wohl, wer von Seinem Weg abirrt, und Er weiß sehr wohl, wer auf dem rechten Weg ist.“ [2]

Verehrte Gläubige,

die Propheten und Gesandten hielten sich ebenfalls an diesen Grundsatz, und gingen in der jeweiligen Gesellschaft, in der sie gelebt und gewirkt haben, mit ihrem Verhalten als Vorbilder für diese beschriebene Toleranz voran. So mahnte Allah den Propheten Moses (a.s.), als dieser aufbrach, dem Pharao das Recht und die Wahrheit zu künden, mit diesem in einem guten Umgangston zu reden und ihn nicht grob zu behandeln. Auch unser Prophet Muhammed (s.a.w.) war nie kränkend oder beleidigend, als er Abu Dschahl aufsuchte. Und nicht mal in Taif, wo er auf der Suche nach einer Zuflucht von den Bewohnern der Stadt gesteinigt wurde, wurde er wütend. Selbst hier hat er vielmehr für die Vergebung und Rechtleitung dieser Menschen gebetet.

Wenn der Koran in Sure Āl Imrān, Vers 159 von der Herzensweite des Propheten (s.a.w.) berichtet, so fordert er damit eigentlich uns Gläubige dazu auf: “Und dank der Barmherzigkeit Allahs warst du lind zu ihnen. Wärst du aber rauh und harten Herzens gewesen, so hätten sie sich von dir abgewandt.”

Und unser Prophet (s.a.w.) war nicht nur selbst einer der besten Vorbilder für Toleranz. Mit folgendem Hadis, mit dem er den Rückgrat der Religion beschrieb, aus der diese Toleranz entspringt, lud er uns auch selbst dazu ein: “Ein Muslim ist der, vor dessen Taten und Worten jeder in Sicherheit ist.” [3]

Eben diese Prinzipien des Islam waren es, aus der im Islam eine sprichwörtliche Toleranz entstand. Beispiele hierfür finden wir in der Geschichte des Islam zu Hauf. So auch bei unseren Ahnen: beseelt von dieser Moralvorstellung, erließ z.B. Sultan Mehmet II. nach der Einnahme von Istanbul ein Dekret, nach dem allen Menschen in der Stadt die freie Religionsausübung in den eigenen Gotteshäusern erlaubt wurde.

Verehrte Muslime,

der Islam lehrt uns, barmherzig zu sein mit allen Lebewesen. Alle Geschöpfe zu lieben und zu achten, des Schöpfers willen. Er lehrt uns, selbst in härtesten Zeiten Gotteshäuser, Religionsgelehrte, Frauen, Ältere und Kinder nicht anzutasten, sie zu schützen. [4] Und schließlich lehrt er uns, dass die Unterschiedlichkeit in der Erschaffung des Menschen nur Zeugnis Seiner selbst, Seiner Existenz sind. So heißt es hierzu in Sure Rūm, Vers 22, und mit diesem Vers möchte ich meine heutige Ansprache beenden: “Zu Seinen Zeichen gehört die Erschaffung der Himmel und der Erde. Und dass wir unterschiedlicher Sprache und Hautfarbe sind. Hierdrin sind wahrlich Zeichen für diejenigen, die nachdenken.”

[1] Baqara, 2/191.                                                                                                                                                              [2] Nahl, 16/125.                                                                                                                                                                [3] Buchārī, Īmān 4, 5, Rikak, 26; Muslim, Īmān, 64.                                                                                                          [4] Muslim, Dschihād, 25.

Predigtkommission DITIB Köln

2012-09-14    


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