Der DITIB-Bundesverband hat am 19.03.2012 auf Einladung des Bundesinnenministers Herr Dr. Friedrich an einem Gesprächskreis teilgenommen. Neben Herrn Dr. Zekeriya Altug, stellvertretender Vorsitzender des DITIB-Dachverbandes, nahmen ebenfalls Frau Dr. Naika Fouruta und Aiman Mazyek als Vertreter der islamischen Verbände teil. Ebenfalls anwesend waren die Verfasser der Studie „Lebenswelten junger Muslime“, Prof. Wolfgang Frindte, Prof. Dietrich Böhmke und Dr. Friedrich Rauchenberger, sowie weitere Vertreter des Bundesinnenministeriums.
Wir danken dem Bundesinnenminister für die Einladung und begrüßen seinen Wunsch nach einer differenzierenden Diskussion der Studie. Dankbar und mit Erleichterung haben wir zur Kenntnis genommen, dass der Bundesinnenminister im Verlauf des Gesprächs sein Bedauern wegen der Art der Veröffentlichung der Studie und die ersten verzerrenden Kommentierungen in den Boulevardmedien zum Ausdruck gebracht hat.
Alle Teilnehmer des Gesprächs waren und sind sich darüber einig, dass die überwiegende Mehrzahl der Muslime in Deutschland sich mit dieser Gesellschaft identifizieren und als integrierte, verantwortungsbewusste Mitbürger die Gegenwart und Zukunft unseres Landes mitgestalten will.
Wir haben es mit Bedauern zur Kenntnis genommen, dass eine Studie, die in zeitlicher Nähe zu Verhaftung der Sauerlandgruppe im Jahre 2007 mit der Intention der wissenschaftlichen Analyse von Radikalisierungsphänomenen in Auftrag gegeben worden ist, letztlich als vermeintlich repräsentative Studie zu den Integrationsneigungen junger Muslime umgedeutet worden ist.
Auch das Gespräch mit dem Bundesinnenminister hat nochmals deutlich werden lassen, dass die Studie konzeptionell und inhaltlich nicht dazu geeignet ist, die Haltung junger Muslime zur Integration wiederzugeben. Allein die Tatsache, dass die befragten Muslime aufgrund der inhaltlichen Konzeption der Studie keine Gelegenheit hatten, positive Neigungen und Wertungen im Hinblick auf Integration und Teilhabe zum Ausdruck zu bringen, ist als wesentliche Kritik unseres Verbandes auch von den Verfassern der Studie akzeptiert worden.
Als engagierter Partner des BMI im Rahmen der DIK hatte es uns nachhaltig irritiert, dass eine solche Studie nicht Eingang in die dortigen Diskussionen und Erörterungen gefunden hat.
Die Wahrung der inneren Sicherheit ist die bedeutsamste Aufgabe unseres Bundesinnenministers. Deshalb können wir es nachvollziehen, dass er auch populistischen Phänomenen nachspürt, die es einer geringen Zahl an jungen Muslimen erschweren, sich als verantwortlicher und integraler Bestandteil unserer Gesellschaft zu begreifen. Wir haben die Hoffnung, und glauben auch die ersten Anzeichen in dem aktuellen Gespräch wahrgenommen zu haben, dass der Bundesinnenminister sich auch als Innenminister der Muslime versteht und bereit ist, den jungen Muslimen deutlich zu signalisieren, dass er ihre Teilhabe und ihr Vorwärtskommen in dieser Gesellschaft wertschätzt. Zu dieser Haltung gehört es auch, dass insbesondere so wichtige politische Akteure wie der Bundesinnenminister deutlich artikulieren, dass Integration ein wechselseitiger Prozess ist und die Teilhabe junger Muslime nur gelingen kann, wenn ihnen die Mehrheitsgesellschaft offen und wohlwollend gegenübersteht.
Wir hoffen ferner, dass das Bewusstsein für diese gesellschaftliche Offenheit und Akzeptanz im politischen Handeln unseres Bundesinnenministers zukünftig noch deutlicher zum Ausdruck kommt.
So fasste Herr Dr. Zekeriya Altug als Teilnehmer das Gespräch zum Ende zusammen: „Die Muslime dieses Landes wünschen sich vom Bundesinnenminister, dass er sich in seinem Amt auch als Bundesinnenminister der Muslime versteht. Dies erfordert ebenfalls, dies öffentlichkeitswirksam und den Medien gegenüber nach Außen zu tragen, um die Basis für ein gemeinsames Miteinader zu schaffen und die Mehrheitsgesellschaft für das Thema zu sensibilisieren. Ein Satz kann manchmal mehr Wirkung zeigen, als 100 Taten.“
Vor diesem Hintergrund danken wir Herrn Friedrich für seine Bereitschaft zur kritischen Diskussion und seine ausführliche Bewertung der zitierten Studie.
Vorstand
DITIB-Dachverband