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2020-02-17 | Pressemeldung

Terror gegen Muslime: Was muss noch geschehen, damit das Schweigen bricht

Köln, 17.02.2020: Gestern, am 16. Februar 2020 hob der Staatsschutz eine Terrorgruppe von 12 Tatverdächtigen aus, die Angriffe gegen Moscheen geplant hatten. Die Generalbundesanwaltschaft erhob Haftbefehl gegen die Mitglieder der rechten Terrorzelle „Gruppe S.“ um den Rädelsführer „Teutonico“. Einer der Verdächtigen sei Mitarbeiter der Polizei von Nordrhein-Westfalen.

Dies rückt die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen, sowie unsere stetigen Warnungen und Mahnungen gegen den rechten Terror in ein völlig neues Licht. Es zeigt den Ernst der Lage. Es zeigt, dass der „point of no return“ immer näher rückt.

An dieser Stelle gebührt den Sicherheitsbehörden Lob und Dank für die gute und vorausschauende Arbeit. Dennoch darf es keine Relativierung geben, wonach es „keine unmittelbare Gefahr gegeben habe, da ja die Polizei die Verdächtigen stets unter Beobachtung gehabt habe“. Denn die Drohungen, die in unseren Moscheen 2019 eingingen, die Angriffe auf unsere Moscheen, allein 10 an der Zahl im jungen Jahr 2020, sowie der Terrorangriff in Halle in 2019, dem Jahrestag der Angriffe in Christchurch (15.03.2019) führen dazu, dass sich Muslime nicht mehr sicher fühlen. Und sie machen deutlich, dass die Gefahr real ist.

Die Serie von Bombendrohungen in den letzten Tagen sorgte bei Muslimen bundesweit für Ängste und Sorgen. Auch um ihre Liebsten und gar ihre Kinder. Denn die Moschee ist ein Ort der Spiritualität und der inneren Einkehr. Ein Ort, wo man sich Gott hingibt und Frieden findet. Solidarität, gegenseitige Hilfe und Mitmenschlichkeit lebt und erlebt. Muslime kommen mit ihren Familien in die Moscheen, um hier ihren Kindern Werte wie Toleranz, Güte, Barmherzigkeit und Nächstenliebe näherzubringen.

Die jetzige Entwicklung führt erneut vor Augen, wie nah und wie real diese Gefahr war und ist. Auch der Terrorangriff in Halle im letzten Jahr zeigt, dass die eMails mit Drohgebärden keine leeren Hülsen sind.

In Halle hat ein antiislamisch und antisemitisch agierender Terrorist bei dem Angriff auf eine Synagoge, dessen Tür er nicht aufbrechen konnte, eine Passantin vor der Synagoge und einen Gast in einem Dönerladen erschossen. Das zeigt uns, dass rechter Terror uns alle, Muslime wie Juden, Christen wie Andersgläubige gleichermaßen bedroht. Die Tat war sowohl antisemitisch, als auch antiislamisch motiviert, denn laut Sicherheitsbehörden wollte der Täter eine Moschee angreifen, entschied sich dann aber kurzfristig für die Synagoge.

Zuletzt wurden fast hundert Angriffe pro Jahr auf Moscheen in Deutschland registriert. In den ersten sechs Wochen des Jahres 2020 wurden bereits über 10 Angriffe erfasst.

Leider bleibt der gesellschaftliche Aufschrei angesichts dieser beängstigenden Entwicklungen aus. Die Anteilnahme weniger verhallt in den lautstarken Debatten des Alltags spurlos.

Das Schweigen der Mehrheit, auch der Politik und der moderaten Kräfte in unserem Land, insbesondere bei Angriffen gegen Muslime, wird nicht nur von einer breiten Gesellschaftsschicht als stillschweigende Duldung verstanden. Es ist geeignet, bei bestimmten Gruppen den Eindruck zu erwecken, dass das Agieren gegen Muslime „eigentlich legitim“ sei. Wir haben als DITIB immer wieder vor dieser Entwicklung gewarnt, und die Gesellschaft aufgefordert, auch bei Angriffen gegen Muslime Solidarität zu zeigen und klare Stellung gegen Hass und Unrecht zu beziehen. Leider blieben diese Mahnungen immer wieder ergebnislos. Erneut erleben wir heute eine Anteilslosigkeit, die Sorge bereitet.

Was muss noch geschehen, damit Politik und Gesellschaft das Schweigen bzw. die stillschweigende Duldung von Angriffen gegen Muslime beenden?

Was muss noch geschehen, damit man sich der Dämonisierung des Islam und der Markierung von Muslimen als „fremde Gefahr“ durch Populisten und Rechtsextreme entgegenstellt?

Wir debattieren dieser Tage, wie sich die Politik in Thüringen und auch anderswo von rechten Hetzern vorführen lassen konnte. Die gleichen radikalen Kräfte versuchen auf allen, auch parlamentarischen Bühnen, die Opfer- und Täterrolle umzukehren, indem sie durch Diffamierungen und Unterstellungen gegen Muslime und ihre Einrichtungen hetzen. Den Versuchen der AfD, durch das ständige Anfachen von Debatten auch im Bundestag, die Muslime und ihre Vertreter als Staatsfeinde zu diffamieren, muss Einhalt geboten werden. Dies geschieht nicht dadurch, dass man sich von ihnen die Themen diktieren lässt und einen Wettlauf startet, wer die härtere Linie gegen Muslime vertritt.

Dies zeigt uns, dass eine freiheitliebende demokratische Gesellschaft stets wachsam und standhaft sein muss. Unsere Demokratie, unser Grundgesetz, wie auch unsere Grundwerte sind keine Selbstverständlichkeiten. Dies muss uns wachrütteln.

Es darf kein Schweigen gegen Hass und Gewalt oder Relativierung der rechten Gefahr geben.

DITIB fordert den Schutz der Moscheen und der Muslime konsequent zu gewährleisten. Sie fordert alle demokratischen, freiheitlichen und friedliebenden Menschen auf, sich der Gewalt und Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen entschieden entgegenzustellen, und solidarisch an ihrer Seite zu stehen.

Die DITIB wird in diesem Rahmen den Koordinationsrat der Muslime (KRM) anrufen, diesbezüglich geeignete Maßnahmen zu besprechen.

 

DITIB-Bundesverband