Freitagspredigt

Der letzte Dienst an unseren Geschwistern im Glauben
 
بِسْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
كُلُّ نَفْسٍ ذَائِقَةُ الْمَوْتِ ثمَّ إِلَيْنَا تُرْجَعُونَ

Bismillahirrahmanirrahim
[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“Jeder wird den Tod kosten. Zu Uns wird dann eure Rückkehr sein.”
 
                             [Sure Ankebut, Vers 57]

Verehrte Muslime,

jeder Anfang hat ein Ende. Auch jedem Lebewesen, dem nur eine bestimmte Lebenszeit auf Erden beschert ist, steht damit das Ende dessen bevor. So wird auch der Mensch eines Tages, wenn seine Zeit dafür gekommen ist, sterben. Der Tod wird für ihn nur das Ende des diesseitigen, des irdischen Lebens darstellen, keinsfalls aber sein Ende. Denn der Tod ist nur ein Übergang ins nächste, das jenseitige Leben.

Der Koran spricht über den Tod und das, was uns danach erwartet, wie folgt: “Wo auch immer ihr sein möget, selbst wenn in uneinnehmbaren Burgen, so wird euch der Tod doch einholen!” [1] – “Jeder wird den Tod kosten. Den Lohn für eure Taten bekommt ihr dann erst am Jüngsten Tag.” [2]

Verehrte Gläubige,

das Leben ist eine Reise, die mit der Geburt beginnt und mit dem Tod endet. Fast täglich ereilt uns die Nachricht eines Sterbefalls in unserem Umfeld, und trotzdem widerstrebt es uns, dieser Realität ins Auge zu blicken. Wer weiß wie oft wir uns, als wir einen unserer Verwandten oder Bekannten auf unseren Schultern zu Grabe getragen und dort der Erde übergeben oder in das Heimatland überführt haben, auf dass er dort bestattet werde, vorgenommen haben, uns zu bessern und dieses Versprechen doch nicht halten konnten?

Manche von uns schrecken zurück, sobald auch nur der Name des Todes fällt. Dabei gilt es vielmehr, vorbereitet zu sein auf dieses Ereignis, von dem wir nicht wissen, wann, wo und in welcher Form es uns ereilen wird - oder besser gesagt auf die Rechenschaft danach.

Denken wir nur an diejenigen, die sich mit tausend Gedanken getragen hatten, als sie sich schlafen legten, am nächsten Tag aber nicht mehr aufgewacht sind. Wenn wir also alle eines Tages unverhofft abberufen werden können von dieser Reise, sollten da die Koffer nicht auch immer entsprechend gepackt sein? Gepackt mit guten Taten und wir stets bemüht uns zu bessern und auch die letzte Lücke in unserem Tatenbuch zu füllen mit selbigen?

Verehrte Brüder und Schwestern,

der Islam gebietet uns, die Menschen mit Respekt zu behandeln. Dazu gehört, dass wir auch den Verstorbenen Respekt erweisen. So hat die Gemeinde die Pflicht, dem Verstorbenen mit dem Totengebet quasi die letzte Ehre bzw. den letzten Dienst zu erweisen und diese hat sie erfüllt, sobald einige aus ihrer Mitte dies tun, daher sprechen wir hier von “anteiliger Pflicht” (türk. farz-ı kifâye, arab. fard kifaya).

Sicher wird der Tod eines Angehörigen - oder uns lieben Menschen - uns in Trauer zurücklassen. Nichtsdestotrotz müssen wir Muslime in einer solchen Situation besonnen bleiben und unseren Verstorbenen in Geduld gekleidet versuchen unseren letzten Dienst zu erweisen. Das Weinen ist zwar gestattet, ein Übertreiben hierbei ist aber unangebracht. Wir sollten uns dabei möglichst in Geduld und Ergebenheit üben und die Gelegenheit nutzen zum Sinnieren über das Sein. Mancherorts ist bei muslimischen Begräbnissen zu beobachten, dass Beifall geklatscht wird. Dies ist insbesondere unangebracht.

Unser Prophet ließ uns in einem seiner Hadise wissen: “Wer als letztes Wort spricht: ‘La ilahe illallah’ kommt ins Paradies.” [3] Daher sollte man einen Sterbenden unaufdringlich und dezent daran erinnern das Glaubensbekenntnis zu sprechen sowie die letzte Reue vorzunehmen - ihn dabei aber nicht zwingen. Ist der Tod dann eingetreten, darf man erst dann im Zimmer des Verstorbenen den Koran rezitieren, wenn der Verstorbene gewaschen ist. Solange darf man aber für den Verstorbenen Bittgebete sprechen.

Einen verstorbenen Muslim zu waschen, ihn in das Leichentuch zu hüllen, das Totengebet für ihn zu verrichten und ihn bis ins Grab zu begleiten ist wie gesagt der muslimischen Gemeinde eine “anteilige Pflicht”. Diese Schritte sollten so schnell wie möglich vorgenommen werden, nachdem ein Muslim verstorben ist.

Bei der Bestattung dann ist es unangebracht, Schlechtes über den Toten zu reden, seine Fehler und Vergehen nach Außen zu kehren und ihn für diese zu tadeln. Wir sollten an dieser Stelle vielmehr den Angehörigen und Hinterbliebenen Beileid wünschen und für sie Worte des Trostes findend ihr Leid teilen.

[1] Nisa, 4/78.
[2] Al Imran, 3/185.
[3] Abu Dawud, Dschenaiz, 20.

Şerafettin ARSLAN
Religionsbeauftragter der Aksa-Moschee in Hamburg-Wedel
2012-03-30    


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