Freitagspredigt

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Gutes hält den Menschen am Leben
(03.04.2015)

 

Verehrte Geschwister!
Unser Herr Allah sagt im rezitierten Vers folgendes: „Und helft einander in zur Güte und Gottesfurcht; aber helft einander nicht zur Sünde und feindseligem Vorgehen, und fürchtet Allah. Denn Allah ist streng im Bestrafen.“1

Im verlesenen Hadith sagt unser Prophet: „Derjenige, den seine guten Taten freuen aber seine schlechten Taten verstimmen, ist ein wahrer Gläubiger.“2

Meine verehrten Geschwister!
„Gutes“ ist in der islamischen Zivilisation das Ziel der Existenz. Allah, der Herr der Welten, schickte uns deshalb auf die Erde, damit wir gute Menschen werden und damit wir zum Herrschen des Guten verhelfen.

Das „Gute“ wird in unserem Alltag eher mit dem Begriff „khayr“ bezeichnet. Wenn „khayr“ gesagt wird, verstehen wir daraus jeglich Gutes, Schönes, Nützliches und tugendhafte Verhaltensweisen. „Khayr“ zu vollbringen bedeutet Gutes zu tun. Freiwillige Organisationen, die das Ziel haben, Menschen Gutes zu tun und ihnen zu helfen, nennen wir als „khayr“-Organisationen (Wohlfahrtsorganisationen). Wenn wir Menschen beglückwünschen, so wünschen wir ihnen alles an „khayr“. Abreisende verabschieden wir mit den Worten, dieser möge „khayr“ begegnen. Träume deuten wir auf „khayr“. Menschen, von denen wir Gutes erfahren haben, erwähnen wir zu ihren Lebzeiten mit „khayr“-Gebeten, und erinnern uns ihnen nach ihrem Tod im „khayr“-Gedenken. Im Bewusstsein, dass alles in der Macht Allahs ist, bitten wir um das „khayr von Allah“. Für ein rechtschaffenes Kind, das sich familiärer und geistiger Werte annimmt, verwenden wir den Ausdruck „ein Nachfahre auf khayr“. Ein „khayr“-Liebender Mensch ist jemand, der nur das Gute für die Menschen will und der das Gute liebt. Der Prophet Muhammed (s) ist „khayru'l-baschar“, also der beste unter den Menschen.

Verehrte Geschwister!
Gemäß unserer erhabenen Religion reicht es nicht aus, nur gut zu sein. Es wird nicht als ausreichend erachtet, dass wir nur gegenüber uns selbst gut sind. Von den Muslimen wird erwartet, Gutes an Werten hervorzubringen, die Vorreiterrolle für Gutes zu übernehmen, Wegweiser zu Gutem zu sein; und das Böse durch Gutes zu beseitigen. Unser erhabenes Buch, der Koran, informiert uns, dass bei solcher Vorgehensweise die hart­nä­ckigsten Feindschaften zu engen Freundschaften verwandeln können. Auch benachrichtigt uns unser gnadenreicher Koran, dass dieses schöne Verhalten ein Zeichen von guten und reifen Menschen ist.3

Indem unser Prophet sagte: „Jedes Gute ist eine Sadaqa“4 wies er auf die Wohltaten hin, die ein Mensch durch die unendlichen Arten des Guten verdient. In Wirklichkeit möchte der Prophet der Gnade mit dem folgenden Bittgebet, dass wir alle zum Verfechter des Guten werden: „Oh Allah! Lass mich einer von deinen Dienern sein, der sich freut, wenn er etwas Gutes gemacht hat und um Vergebung bittet, wenn er etwas Böses getan hat.“5

Meine verehrten Geschwister!
Wir sind Angehörige einer Zivilisation, die der ganzen Welt das Gute lehrt und durch gute Taten die Herzen erobert. Diese Zivilisation bebaute die Welt nach der Auffassung „lass den Menschen leben, damit der Staat lebt“ auf. Diese Zivilisation schmückte jeden Ort, die sie erreichte, mit Gebetsräumen, Moscheen, Stiftungen, Herbergen, Hammamen, Armenküchen, Waisenhäusern, Krankenhäusern, Schulen, Hochschulen, Laufbrunnen und Wasserbrunnen, Brücken und Karawanenserails. Die Angehörigen dieser Zivilisation haben es sich stets zum Lebensprinzip gemacht, Vorreiter für das Gute und Wegbegleiter der Guten zu sein. Unsere Zivilisation ist so feinfühlig, dass sie sogar „Almosensteine“ für Bedürftige errichtet, um die Ehre und Würde des Menschen nicht zu verletzen. Unsere Zivilisation hat sich die Barmherzigkeit so zu Eigen gemacht, dass sie Häuser für Vögel als Zufluchtsorte für die kalten Wintertage erbaut.

Wie traurig ist es jedoch, dass sich heutzutage aus der Erde, in der einst das Gute sein Leben fand, und aus einigen Städten, die einst von guten Menschen aufgebaut wurden, nun leider Gerüche von Blut und Schießpulver verbreiten. Von Tag zu Tag kesselt das Böse die ganze Welt ein. Entgegen dieser Situation ist die islamische Welt dazu verpflichtet, sein an die Menschheit gerichtetes „Angebot zum Guten“ heute nochmal zu erneuern. Jeder, der Zeuge der Gegenwart ist und sagt, er ist Muslim, sollte sich mobilisieren, das Gute noch einmal auf der ganzen Welt beherrschen zu lassen. Jeder einzelne Muslim sollte es sich zum Prinzip machen, in jedem seiner Angelegenheiten -angefangen im engsten Umfeld- ein Schlüssel zum Guten und Vorhängeschloss zum Bösen zu sein.

Meine verehrten Geschwister!
Heutzutage steht der Begriff des Guten in zweierlei Hinsicht in Gefahr. Die erste dieser Gefahren ist das beginnende Verständnis, dass das Gute als Eigennutzen und als etwas für das eigene Interesse wahrgenommen wird.

Die zweite Gefahr ist, dass von Zeit zu Zeit bewusste oder unbewusste Werbung oder Prahlerei den Platz des Guten („khayr“) oder der Wohltätigkeit einnimmt, die einzig und allein für das Wohlgefallen Allahs getan werden sollten.

Entgegen dieser negativen Ausgangslage sollte man heutzutage den Wert und die Würde des Menschen noch einmal erhöhen, indem man die Erschaffungsursache und den Zweck der Existenz berücksichtigt. Wir dürfen nicht vergessen, dass es als Gläubige die Verantwortung von uns allen ist, das das Verständnis des Guten im Islam und seine mit Liebe, Frieden, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit erfüllten Botschaften erneut in die Herzen der Menschen einzupflanzen.

Ich möchte meine Predigt mit einem Gebet des Propheten beenden, in dem er das Leben für das Gute als die Existenzursache darstellt:

„Oh Allah! Lass das Leben für mich Anlass für die Vermehrung des Guten sein. Und lass den Tod für mich Anlass für die Befreiung von jeglichem Schlechten sein!“6


Die Predigtkommission    
 

1. Koran, al-Mâide, 5/2
2. Tirmidhi, Fitan, 7
3. Koran, al-Fussilet, 41/34-35
4. Muslim, Zekat, 52
5. Ibn Madsche, Adab, 57
6. Muslim, Zikir 75

2015-04-03    


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