Freitagspredigt

Zwangsheirat

بِسْمِ اللهِ الْرَحْمَنِ الْرَحِيمِ

وَمِنْ آيَاتِهِ أَنْ خَلَقَ لَكُمْ  مِنْ أَنفُسِكُمْ أَزْوَاجاً لِتَسْكُنُوا إِلَيْهَا وَجَعَلَ بَيْنَكُمْ مَوَدَّةً وَرَحْمَةً إِنَّ  فِي ذَلِكَ لَآيَاتٍ لِقَوْمٍ يَتَفَكَّرُونَ


”Zu Seinen Zeichen gehört, dass Er euch aus euch selbst Partner schuf, damit ihr bei ihnen ruht, und dass Er zwischen euch Liebe und Barmherzigkeit gesät hat. Wahrlich, hierdrin sind Zeichen für Leute, die nachdenken.”
[Sure “Rum”, Vers 21]


Verehrte Gläubige,
innerhalb der Bestimmungen, die das Leben des Menschen regeln, gilt das Augenmerk des Islam besonders der Ehe. Denn die Familie, die gegründet wird durch die Eheschließung, sollte nach islamischer Vorstellung geeignet sein, für Frieden und Harmonie in einer ganzen Gesellschaft zu sorgen. So heißt es hierzu im Koran: ”Zu Seinen Zeichen (den Zeichen Seiner Existenz und Seiner Macht) gehört, dass Er euch aus euch selbst Partner schuf, damit ihr bei ihnen ruht, und dass Er zwischen euch Liebe und Barmherzigkeit gesät hat. Wahrlich, hierdrin sind Zeichen für Leute, die nachdenken.” [1] Und unser Prophet (s.a.v.) ließ uns dazu wissen, dass das Wichtigste in der Ehe dieser Frieden ist, als er in einem Hadis sagte: “Die Welt ist ein vorübergehendes Gut. Die beste Gabe hierdrin ist eine rechtschaffene Frau.” [2]

Verehrte Brüder und Schwestern,
das Wichtigste für ein glückliches Familienleben ist zweifelsohne die Wahl des richtigen Partners hierfür. Aus islamischer Sicht ist bei der Wahl des Partners die Meinung und der eigene Wille der Ehekandidaten sehr wichtig. Auch Familienberater betonen dies mit Nachdruck. In der heutigen Zeit, in der den individuellen Freiheiten so weit wie möglich versucht wird die Bahn zu brechen und jedwede Gewalt sowie alle möglichen Zwänge und Einschränkungen, die die Menschenrechte und die Grundfreiheiten berühren, versucht wird einzudämmen, ist es nicht hinnehmbar, den Weg zu einer lebenslangen Partnerschaft über eine Zwangsheirat anzustrengen und diese gutzuheißen. Die DIYANET, das türkische Amt für Religionsangelegenheiten, hat hierzu nach der Versammlung der Obersten Rechtsgelehrten (Muftis) der türkischen Provinzen im ostanatolischen Van die sogenannten Van-Kriterien formuliert. Demnach entbehrt das zwangsweise Verheiraten junger Menschen jeglicher religiöser Grundlage. Ein Zurückführen dessen auf den Islam ist inakzeptabel. Heiratswillige junge Männer und Frauen müssen vielmehr selbt ihren Heiratswillen bekunden. Andernfalls ist eine Ehe, die sie ohne eigenen Willen und ohne ihr Einverständnis eingehen und zu der sie vielmehr durch ihre Familie gezwungen werden, aus religionsrechtlicher Sicht ungültig. [3]

Verehrte Gläubige,
das eigentliche Ziel der Eheschließung liegt darin, eine Familie zu gründen, in der die Ehepartner miteinander sich verstehend, in Verbundenheit und Liebe zueinander diese Familie zu einem Hort des Glücks gestalten. Abgesehen davon ist die Eheschließung auch eine Angelegenheit des Herzens. Daher kann man die Herzen nicht dazu zwingen, wenn keine Liebe vorhanden ist und man diese Ehe nicht eingehen will. Folglich wird der Islam, der gesandt wurde, um der Menschheit Glückseligkeit zu bringen, niemals einer Zwangsheirat zustimmen, die die Ehepartner nur unglücklich macht - und dies ein Leben lang - oder die sogar in den meisten Fällen mit einer Scheidung endet. Hinreichlich bekannt ist zudem, dass solche Ehen nicht lange dauern, die Familien innerhalb weniger Jahre auseinandergehen und ihre Kinder ohne die Liebe ihrer Eltern aufwachsen müssen. Jedes Individium sollte seinen Ehepartner nach freiem Willen auswählen können, so dass er den Grund für später eventuell auftretende Probleme bei sich selbst suchen kann.

Verehrte Brüder und Schwestern,
festzuhalten bleibt: Fehler sind Fehler, ganz gleich von wem und wo auch immer sie begangen werden. Leider ist auch die Zwangsheirat eine unislamische Handlung, die dann wie die Ehrenmorde auch dem Islam angelastet werden. Wobei dies vielmehr daraus resultiert, dass man den Islam nicht richtig kennt oder mehr noch den Traditionen folgt, als dem Islam. Dabei ist im Islam - wie in allen anderen Offenbarungsreligionen auch - die Gründung einer Familie und die Familie selbst sowie ihr Schutz heilig. Von Fortdauer ist eine solche heilige Institution aber nur, wenn sie mit eigenem Willen gegründet wird. In diesem Sinne bete ich für die Gründung und den Fortbestand von glücklichen Familien, in der alle Beteiligten: Vater, Mutter wie Kind glücklich sind und wünsche Ihnen allen ebenso ein glückliches segenreiches Leben.

[1] Rum, 30/21.
[2] Muslim, Rada 17.
[3] Hukuk-i islamiye ve Istılahat-ı Fıkhiyye Kamusu, 2: 55-8.

Ahmet ALTINTAŞ
Religionsbeauftragter der DITIB Mehmet Akif Ersoy Moschee in Harburg


2011-03-11    


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